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BERATUNG MÜNCHEN


22. Oktober 2024


Unternehmensbewertung 2024: Trends und Herausforderungen für Investoren und Unternehmen

Die Unternehmensbewertung war schon immer ein zentrales Thema für Investoren, Gründer und Führungskräfte. Sie dient als Grundlage für wichtige Entscheidungen wie Fusionen, Übernahmen, Investitionen und sogar für die Festlegung von Steuerverpflichtungen. Mit den rapiden wirtschaftlichen Veränderungen, der Digitalisierung und globalen Krisen, wie der jüngsten Pandemie, hat sich das Feld der Unternehmensbewertung jedoch stark verändert. In diesem Blogpost werfen wir einen Blick auf die wichtigsten Trends und Herausforderungen der Unternehmensbewertung im Jahr 2024.


1. Die Rolle der Digitalisierung in der Unternehmensbewertung

Digitalisierung ist längst kein Buzzword mehr, sondern ein entscheidender Faktor bei der Bewertung von Unternehmen. Digitale Assets wie Daten, Software und digitale Geschäftsmodelle gewinnen zunehmend an Bedeutung. Unternehmen, die digitale Innovationen erfolgreich integrieren, können ihren Unternehmenswert signifikant steigern. Aber wie bewertet man ein digitales Unternehmen im Vergleich zu einem traditionellen? Hier spielen KPIs wie Nutzerzahlen, Plattformengagement und wiederkehrende Umsätze eine immer größere Rolle.

Beispiel: Der "Net Promoter Score" (NPS) und die "Customer Lifetime Value" (CLV) sind heute essenzielle Kennzahlen, um den Wert von Online-Plattformen oder Software-as-a-Service-Unternehmen (SaaS) zu bestimmen. Investoren müssen diese neuen Metriken verstehen, um fundierte Entscheidungen zu treffen.


2. Nachhaltigkeit und ESG-Kriterien: Ein Muss für moderne Bewertungen

Im Jahr 2024 kann kein Unternehmen mehr langfristig erfolgreich sein, das sich nicht mit dem Thema Nachhaltigkeit auseinandersetzt. ESG-Kriterien (Environmental, Social, Governance) sind in den letzten Jahren stark in den Fokus gerückt und beeinflussen maßgeblich die Unternehmensbewertung. Unternehmen, die in Umwelt-, Sozial- und Governance-Aspekte investieren, haben häufig einen besseren Zugang zu Kapital und erzielen höhere Bewertungen.

Aber auch hier stellt sich die Frage: Wie bewertet man den Erfolg von ESG-Maßnahmen? Investoren achten verstärkt auf Transparenz in Bezug auf Nachhaltigkeitsberichte und auf die Art und Weise, wie Unternehmen ihre ESG-Strategien umsetzen. Unternehmen, die sich glaubhaft für Nachhaltigkeit einsetzen, werden zunehmend höher bewertet, da sie als zukunftsfähig gelten.


3. Auswirkungen globaler Krisen und geopolitischer Unsicherheiten

Die wirtschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen haben direkte Auswirkungen auf die Unternehmensbewertung. In den letzten Jahren haben geopolitische Spannungen, die Pandemie und die Energiekrise dazu geführt, dass Bewertungen stark schwanken. Unternehmen in krisengeplagten Branchen wie der Luftfahrt oder der Tourismusindustrie wurden besonders hart getroffen, während Tech- und Pharma-Unternehmen stark profitiert haben.

Die Herausforderung für Investoren besteht darin, Unternehmen zu bewerten, die in solchen volatilen Zeiten bestehen müssen. Eine genauere Betrachtung der Krisenfestigkeit und der Diversifizierung von Einnahmequellen ist daher unerlässlich.


4. Künstliche Intelligenz und Automatisierung als Innovationsfaktoren

Die Integration von künstlicher Intelligenz (KI) und Automatisierung in Geschäftsprozesse verändert die Art und Weise, wie Unternehmen bewertet werden. KI hat das Potenzial, Produktivität und Effizienz in beispiellosem Umfang zu steigern. Unternehmen, die KI in ihre Wertschöpfungsketten einbinden, werden daher als besonders zukunftsfähig betrachtet und oft höher bewertet.

Ein Beispiel: KI-basierte Tools zur Automatisierung von Kundensupport oder Produktionsabläufen können nicht nur Kosten senken, sondern auch die Servicequalität verbessern. Investoren sind zunehmend daran interessiert, welche technologischen Innovationen ein Unternehmen plant oder bereits umsetzt, um den zukünftigen Wert zu bestimmen.


5. Private Equity und Start-ups: Bewertungsmethoden im Wandel

Die traditionelle Bewertungsmethodik, die stark auf Kennzahlen wie dem Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) basiert, gerät insbesondere im Start-up- und Private-Equity-Sektor zunehmend unter Druck. Junge Unternehmen weisen oft keine stabilen Gewinne auf, sind jedoch durch ihr Innovationspotenzial und Wachstumsmöglichkeiten besonders attraktiv. Wie bewertet man also ein Start-up, das zwar hohe Verluste schreibt, aber in wenigen Jahren einen massiven Marktanteil erobern könnte?

Hier rücken neue Bewertungsansätze wie das Discounted Cash Flow (DCF)-Verfahren oder die Venture Capital Method in den Vordergrund. Diese Methoden berücksichtigen das zukünftige Wachstumspotenzial stärker und bieten mehr Flexibilität bei der Bewertung von Unternehmen in frühen Entwicklungsstadien.


6. Steuerliche Aspekte und Regulierungen als Bewertungsfaktoren

Ein weiterer Faktor, der 2024 zunehmend in die Unternehmensbewertung einfließt, sind steuerliche und regulatorische Veränderungen. Länder wie die USA, Deutschland und China führen immer strengere Vorschriften ein, die sich direkt auf die Geschäftstätigkeit von Unternehmen auswirken. Steueroptimierung, globale Mindeststeuern und Zölle sind nur einige der Faktoren, die berücksichtigt werden müssen.

Für Investoren bedeutet dies, dass die Compliance eines Unternehmens mit regulatorischen Anforderungen in verschiedenen Ländern zunehmend entscheidend für seine Bewertung ist. Insbesondere internationale Unternehmen müssen hier gut aufgestellt sein, um weiterhin wettbewerbsfähig und profitabel zu bleiben.


Fazit

Die Unternehmensbewertung im Jahr 2024 ist komplexer denn je. Die Digitalisierung, Nachhaltigkeit, geopolitische Unsicherheiten und technologische Innovationen verändern das Bewertungsumfeld grundlegend. Investoren und Unternehmen müssen flexibel sein und neue Bewertungsansätze in Betracht ziehen, um fundierte Entscheidungen zu treffen. Es ist entscheidend, die relevanten KPIs und Metriken zu kennen, die für die jeweilige Branche und das Geschäftsmodell entscheidend sind. Nur so lassen sich Chancen und Risiken adäquat bewerten und langfristiger Erfolg sichern.


18. Oktober 2024


Beta-Faktoren in der Unternehmensbewertung: Was Sie wissen müssen

Die Unternehmensbewertung ist ein komplexer Prozess, bei dem zahlreiche Faktoren berücksichtigt werden müssen, um den fairen Wert eines Unternehmens zu ermitteln. Einer der zentralen Bestandteile in vielen Bewertungsverfahren, insbesondere im Rahmen der Discounted-Cash-Flow-Methode (DCF) oder bei der Kapitalwertberechnung (CAPM), ist der sogenannte Beta-Faktor. Doch was genau ist der Beta-Faktor und welche Rolle spielt er in der Unternehmensbewertung? In diesem Blogbeitrag werfen wir einen genauen Blick auf den Beta-Faktor, seine Bedeutung und seine Anwendung in der Praxis.


Was ist der Beta-Faktor?

Der Beta-Faktor misst das systematische Risiko eines Unternehmens im Vergleich zum Gesamtmarkt. Er zeigt, wie stark die Rendite eines Unternehmens auf Bewegungen des Marktes reagiert. Einfach gesagt: Der Beta-Faktor quantifiziert die Volatilität (Schwankung) der Aktienrendite eines Unternehmens im Verhältnis zur Volatilität des Marktes.

  • Beta = 1: Das Unternehmen bewegt sich im Gleichschritt mit dem Markt. Wenn der Markt um 10 % steigt, steigt auch der Wert des Unternehmens um 10 % – und umgekehrt.
  • Beta > 1: Das Unternehmen reagiert überproportional auf Marktschwankungen. Ein Beta von 1,5 bedeutet beispielsweise, dass das Unternehmen 50 % stärker auf Marktbewegungen reagiert als der Durchschnitt.
  • Beta < 1: Das Unternehmen ist weniger volatil als der Markt. Ein Beta von 0,8 bedeutet, dass das Unternehmen nur 80 % der Marktschwankungen mitmacht.


Warum ist der Beta-Faktor so wichtig?

Der Beta-Faktor ist ein wichtiger Bestandteil des Kapitalmarktmodells (CAPM), das in der Unternehmensbewertung verwendet wird, um die Eigenkapitalkosten zu berechnen. Eigenkapitalkosten sind der Mindestzins, den ein Unternehmen seinen Eigenkapitalgebern für deren Investitionen zahlen muss.


Formel für das CAPM: E(Ri​)=Rf​+β(Rm​−Rf​)

Dabei stehen:

  • E(Ri) für die erwartete Rendite des Wertpapiers oder des Unternehmens.
  • Rf​ für den risikofreien Zinssatz, z. B. die Rendite von Staatsanleihen.
  • β für den Beta-Faktor des Unternehmens, der das Risiko im Vergleich zum Gesamtmarkt angibt.
  • Rm für die Marktrendite, also die erwartete durchschnittliche Rendite des Marktes.
  • (Rm−Rf) für die sogenannte Marktrisikoprämie, die den zusätzlichen Ertrag darstellt, den Investoren im Vergleich zu einer risikofreien Anlage erwarten.


Der Beta-Faktor fließt also direkt in die Berechnung der Eigenkapitalkosten ein. Diese Kosten wiederum beeinflussen die Abzinsung zukünftiger Cashflows, was entscheidend für den Unternehmenswert ist.


Faktoren, die das Beta beeinflussen

Der Beta-Faktor wird durch eine Reihe von Unternehmens- und Marktfaktoren beeinflusst, darunter:

  1. Branche und Geschäftsmodell: Unternehmen in stark zyklischen Branchen (z. B. Automobilindustrie, Rohstoffe) tendieren zu höheren Beta-Werten, da ihre Erträge eng mit der Wirtschaftslage verbunden sind. Defensive Branchen (z. B. Lebensmittel, Versorger) haben oft niedrigere Beta-Werte, da sie auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten stabiler bleiben.

  2. Kapitalstruktur: Unternehmen mit einer hohen Verschuldung haben in der Regel ein höheres Beta, da sie in wirtschaftlich schlechten Zeiten einem höheren Risiko ausgesetzt sind.

  3. Größe und Marktstellung: Kleine Unternehmen oder Unternehmen mit einer unsicheren Marktstellung haben oft höhere Beta-Werte, da sie stärker von äußeren Einflüssen abhängig sind als große, etablierte Konzerne.

  4. Geografische Ausrichtung: Unternehmen, die international tätig sind, können je nach den Märkten, in denen sie aktiv sind, ein höheres oder niedrigeres Beta aufweisen.


Welches Beta ist das richtige?

Die Ermittlung des Beta-Faktors ist nicht immer einfach, da er je nach Berechnungsmethode und Datenquelle variieren kann. In der Praxis wird oft ein durchschnittliches Beta aus vergleichbaren Unternehmen (sogenanntes peer group beta) verwendet, insbesondere wenn das zu bewertende Unternehmen keine lange Börsenhistorie hat.


Zudem kann der Beta-Faktor „enthebelt“ und „wiederverhebelt“ werden, um die Kapitalstrukturunterschiede zwischen verschiedenen Unternehmen zu neutralisieren.

Unlevered Beta (enthebelt) misst das Risiko eines Unternehmens, das nur auf seinen operativen Geschäften basiert, ohne Berücksichtigung der Verschuldung.


Es berechnet sich durch die Formel:


Unlevered Beta = β / 1+((1−Steuersatz)×Verschuldung/Eigenkapital)​


Nach Berechnung eines unlevered Betas kann dieses dann auf die tatsächliche Kapitalstruktur des Unternehmens wieder "verhebelt" werden.


Anwendung des Beta-Faktors in der Unternehmensbewertung

Der Beta-Faktor fließt in der Praxis vor allem in die Discounted-Cash-Flow-Methode (DCF) ein. Diese Methode bewertet ein Unternehmen, indem die erwarteten zukünftigen Cashflows auf den heutigen Zeitpunkt abgezinst werden. Dabei spielen die Kapitalkosten eine wesentliche Rolle, und diese wiederum werden stark vom Beta-Faktor beeinflusst.

Ein höheres Beta führt zu höheren Eigenkapitalkosten, was wiederum den Abzinsungssatz erhöht. Dies reduziert den Wert der zukünftigen Cashflows und senkt somit den Gesamtwert des Unternehmens. Umgekehrt führt ein niedriges Beta zu geringeren Eigenkapitalkosten und einem höheren Unternehmenswert.


Fazit:

Der Beta-Faktor ist ein zentraler Bestandteil der Unternehmensbewertung, insbesondere bei der Bestimmung der Eigenkapitalkosten im Rahmen des CAPM-Modells. Er gibt Aufschluss darüber, wie stark ein Unternehmen auf Marktschwankungen reagiert und hat direkte Auswirkungen auf den abgeleiteten Unternehmenswert.

Bei der Bewertung eines Unternehmens ist es entscheidend, das richtige Beta zu wählen und die Einflussfaktoren sorgfältig zu berücksichtigen. Nur so lässt sich eine fundierte und faire Einschätzung des Unternehmenswerts erzielen.

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